Vorbesprechung in den Nürnberger Nachrichten

Thalias Kompagnons: Ein kafkaeskes Machtspielchen

Kafkas Romanfragment ist eine große Herausforderung für Tristan Vogt und seinen Kompagnon Joachim Torbahn, ein gewaltiger Brocken, an dem sich die beiden ein Jahr lang abgearbeitet haben. Die beiden Nürnberger, die im vergangenen Jahr mit dem Kulturpreis der Stadt ausgezeichnet wurden, sind für anspruchsvolles, witziges und subversives Puppentheater inzwischen international bekannt. Sie haben Märchen ebenso bearbeitet wie Opern und Dialektszenen. Den bisher größten Erfolg hatten «Thalias Kompagnons« mit Mozarts «Zauberflöte«, die sie von März bis Mai vor allem in Frankreich auf einer langen Tournee präsentieren werden.

Foto: Stefan Hippel

Fragment gebliebener Roman

Zuvor also ein kafkaeskes Kontrastprogramm. «Das Schloss« ist der letzte, Fragment gebliebene Roman von Franz Kafka (1883-1924). Rund zehn Stunden würde es dauern, den gesamten Text von «Das Schloss« zu lesen. Die beiden Minimalisten wollen die schrecklich komische Geschichte von Herrn K., der eine Anstellung als Landvermesser in dem mysteriösen Schloss bekommen möchte, in neunzig Minuten erzählen. Der Humor soll dabei nicht zu kurz kommen.

Es geht um Machtfragen, Identitätssuche und Kommunikationsstörungen. «Aber wir machen keine Kafka-Digest-Fassung, sondern spielen mit Strukturen«, sagt Torbahn.

Am Tisch die ganze Welt entdecken

Die Grundidee für die Inszenierung hat Tristan Vogt bei Kafka gefunden: Man kann daheim an einem Tisch sitzen und dabei die ganze Welt entdecken. Folgerichtig wird ein alter Küchentisch zur Bühne im heruntergekommenen Festsaal, den die Kompagnons als idealen Spielort schätzen. Hier hatten sie 1985 ihre ersten gemeinsamen Auftritte.

Joachim Torbahn, der auch Regie führt, hat rund 30 kleine Puppen aus Holz geschnitzt, mit denen Tristan Vogt auf dem Tisch herumspielt. «Kafkas Figuren sind nicht aus Fleisch und Blut, sondern Chiffren. Deswegen eignen sie sich auch gut als Puppen«, erklärt Vogt, der den Text alleine bewältigen muss. «Die Figuren entwickeln ein Eigenleben und spielen auch mit mir als Puppenspieler. Ich bin nur ein Medium. Das ist ein bisschen schizophren, aber auch sehr komisch.«

Erfüllung als Katastrophe

Für Torbahn ist K. eine Figur, die eine große Sehnsucht, den Wunsch nach allgemeiner Anerkennung hat, aber am Ziel erkennen muss, dass sich die Erfüllung als Katastrophe entpuppt. Das Schloss steht für einen anonymen Behördenapparat, ist aber auch ein Sehnsuchtsort – je mehr man sich nähert, desto mehr rückt es in die Ferne.

«Jeder sieht sein eigenes Schloss, wenn er nur genau genug hinsieht«, sagt Torbahn. «Man muss die Fantasie des Betrachters wachkitzeln, denn die Bilder im Kopf sind die mächtigsten.«

Tickets & Infos unter Tel. 0911/2314000

Steffen Radlmaier 14.2.2009